Warum die Rekommunalisierung der Habersaathstraße 40-48 der einzig richtige Weg ist

Wohnungsnot, steigende Mieten, Abriss und Luxussanierungen – der Berliner Wohnungsmarkt ist so angespannt wie noch nie. Eine der größten Herausforderungen, mit denen sich Berliner*innen heute konfrontiert sehen, ist es, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Diese Problematik ist der Politik bekannt. Dennoch sind intakte und bezogene Wohnungen mitten im Zentrum der Hauptstadt vom Abriss bedroht. Warum? Sie sollen ungeachtet der Verdrängung von Menschen und der gravierenden ökologischen Folgen einem luxuriösen Neubau weichen, da sich so größere Gewinne generieren lassen, als es mit den aktuellen Mieten der Fall ist.

Das wollen wir verhindern: Die Wohnungen müssen rekommunalisiert werden!

Aber was bedeutet das? Unter Rekommunalisierung versteht man, dass Wohnraum von Privateigentümer*innen zu kommunalen Wohnungsunternehmen zurückgeführt wird. Kommunale Unternehmen arbeiten nicht für die Gewinne einzelner Manager*innen, sondern sind durch Vereinbarungen dazu verpflichtet, ihre Gewinne in Instandhaltung bzw. Schaffung von neuem, bezahlbaren Wohnraum zu stecken. Außerdem hat die Politik bei den landeseigenen Eigentümer*innen – im Gegensatz zu Privateigentümer*innen – mehr Einflussmöglichkeiten, beispielsweise durch das Festlegen bestimmter Miethöhen.

Und auch die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hat sich im Beschluss vom Juni 2020 für den Erhalt des bestehenden Wohngebäudes sowie eine folgende Rekommunalisierung ausgesprochen. Diese Beschlüsse müssen endlich umgesetzt werden, um ein Zeichen zu setzen gegen die kapitalistischen Interessen eines einzelnen Investors und für die gemeinschaftlichen Interessen der Stadtgesellschaft, Politik und Bewohner*innen.

Wir haben Argumente gesammelt, die verdeutlichen, warum eine Rekommunalisierung der Habersaathstraße 40-48 der einzig richtige Weg ist – sowohl für die Bewohner*innen als auch für die Berliner Wohnungspolitik.

1. Bezahlbaren Wohnraum sichern statt mit Luxuslofts protzen!
Wenn Renditen das Hauptinteresse von Vermieter*innen und Immobilienunternehmen sind, wird Berlin langfristig zu einer Stadt, die sich nur noch wohlhabende Menschen leisten können. Um den Abriss zu verhindern und niedrige Mieten zu garantieren, müssen die Häuser in der Habersaathstraße in kommunale Hand. Denn: Kommunale Bestände sind der sicherste Weg, um die Mietpreise bzw. den Mietspiegel zu kontrollieren und Berlin aktiv mitgestalten zu können. In der aktuellen Legislatur gibt es den politischen Auftrag, die Bestände der landeseigenen Wohnungen zu erhöhen – warum sollten dann die Wohnungen in der Habersaathstraße nicht vom Privatinvestor zurückgekauft werden? Mit diesem Schritt würden die Politiker*innen der Stadt Berlin ein wichtiges Zeichen gegen Verdrängung setzen und zeigen, dass sie die Anliegen der Berliner*innen sowie ihre Wahlversprechen ernst nehmen. Nur ein Rückkauf der Häuser sichert bezahlbaren Wohnraum.

2. Sichere Perspektiven für alle Bewohner*innen schaffen – Housing First!
Das Recht auf Wohnen ist ein Menschenrecht. Denn mit angemessenem Wohnraum geht eben nicht nur Privatsphäre einher, die Möglichkeit, sanitäre Anlagen zu nutzen oder sich selbst zu verpflegen, sondern bedeutet auch, eine Meldeadresse zu haben. In dem Modellprojekt in der Habersaathstraße, in dem Langzeitmieter*innen neue Nachbar*innen gefunden haben, die zuvor ohne feste Bleibe waren, wird das Recht auf Wohnen realisiert. Nur mit einer dauerhaft gesicherten Wohnperspektive können sich Menschen mit ihrer Zukunft beschäftigen und ein aktiver Teil der Gesellschaft sein. Daher fordern wir: Wohnungslosigkeit beenden, Wohnraum beleben, Häuser rekommunalisieren, Abriss verhindern!

3. Hausgemeinschaft erhalten – Räumung verhindern!
Die Hausgemeinschaft in der Habersaathstraße 40-48 setzt sich aus einer wachsenden Gruppe von Menschen zusammen, von denen manche seit vielen Jahren dort leben, andere erst in den letzten Monaten eingezogen sind. Die Bewohner*innen haben sich in Eigeninitiative ein sichereres Umfeld und Netzwerk geschaffen und nachbarschaftliche Strukturen aufgebaut, sodass sie aus den kollektiven Ressourcen schöpfen können. Eine durch Abriss erzwungene Räumung würde bedeuten, dass diese Gemeinschaft auseinandergerissen würde und jede einzelne Person von akuter Wohnungsnot bzw. -losigkeit bedroht wäre. Damit die Hausgemeinschaft erhalten bleiben und sich weiter stabilisieren kann, muss eine Räumung verhindert werden. Die Bewohner*innen müssen durch Rekommunalisierung Mitspracherecht in den Entscheidungsprozessen erhalten.

4. Abriss verhindern – Klima schützen!
In Debatten um Abriss und Neubau werden die gravierenden Konsequenzen für die Umwelt, die diese Prozesse mit sich bringen, nur selten thematisiert. Dabei ist es ein absoluter Klimakiller, wenn instandgesetzter Wohnraum abgerissen wird, um teure Neubauten zu errichten. Nicht nur in der Produktion, sondern auch bei der Entsorgung setzen Beton und andere Baumaterialien Unmengen CO2 frei. Außerdem werden viele der verbauten Stoffe bei einem Abriss auf Deponien gelagert oder verbrannt und können häufig nicht recycelt werden. Abriss heißt somit immer auch: Müll. Ein Neubau bedeutet Materialverschwendung und Umweltverschmutzung. Aber das Klima kann nicht warten – ein Abriss muss aus ökologischen Aspekten verhindert werden.

5. Forderungen aus der Zivilgesellschaft umsetzen!
Zweckentfremdung und spekulativer Leerstand sind trotz Wohnungsnot Normalität in Berlin. Dieser Entwicklung muss entschieden entgegengetreten werden – Wohnraum ist kein Wettobjekt und darf nicht zur Bereicherung weniger taktisch verknappt werden. Die Beendigung des jahrelangen, kriminellen Leerstands und die Aneignung der Wohnungen in der Habersaathstraße sind allein dem aktiven Engagement der Stadtgesellschaft zu verdanken. Diese Strategien sind legitim, die Arbeit der Initiativen muss anerkannt und abgesichert werden. Damit Berlin für alle Menschen bewohnbar bleibt, müssen die Personen, welche von der Politik mitverursachten Situation am Wohnungsmarkt am meisten betroffen sind, das unbedingte Recht auf Mitgestaltung ausüben können: Wir fordern eine Stadt von Unten, statt von Oben.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *