Eine Chronologie der Verwertung und Entmietung der Habersaathstr. 40-48
1984 wurde das “Schwesternwohnheim” in der Habersaathstraße für Mitarbeiter*innen der Charité gebaut und liebevoll von den Nachbar*innen wegen seiner bunten Fliesenfassade “Papageienhaus” genannt. In diesem Plattenneubau wohnten Menschen mehrerer Generationen aller sozialen Schichten. Das Haus wurde kontinuierlich instandgehalten.
Im Jahre 2006 wurde die Immobilie vom Senat für schlappe 2 Millionen an die GbR Rafael Kurt + Dr. med. Thomas Bodemann verkauft. Erste Mieter*innen zogen aus als sie überredet werden sollten neue Mietverträge abzuschließen.
Nach dem Vorkauf wurde direkt eine energetische Außensanierung durchgeführt: Die farbenfrohen Fassadenfliesen wichen einem hellgrau verputzten, vollflächigen Wärmeschutzverbundsystem aus Styropor, Kostenpunkt 620 000 Euro.
In der Nr. 40 entstanden eine Hotelrezeption und ein Frühstücksraum.
Später wurde auch noch auf dem Dach eine moderne Solaranlage installiert.
Nach dem Auszug von Mietparteien wurde eine Handwerkergruppe in den betreffenden Wohnungen tätig, um Bodenfliesen und Laminat zu verlegen. Diese Wohnungen wurden zu Ferien-und Gästewohnungen mit Gästen, die davon ausgingen, dass das gesamte Wohnhaus ein Hostel sei.
Seit der Privatisierung wird die gesamte Wohnanlage massiv vernachlässigt: Die Bewohner*innen mussten sich nun mit defekten Wasserhähnen, Wasserschäden aus darüber liegenden Gästewohnungen, defekten Heizungsrohren, kaputten Klingeln etc. herumschlagen, weil keine werterhaltenden Maßnahmen mehr durchgeführt wurden.
Am 1. September 2017 erhielten die Mieter*innen die Mitteilungen über den Verkauf der gesamten Liegenschaft an die Arcadia Estates GmbH Habersaathstr. 40-48 KG. Der Eigentümer Andreas Pichotta zahlte das Zehnfache des Preises für dass das Haus 11 Jahre zuvor bei ihrer Privatisierung unter Thilo Sarazin verscherbelt wurde.
Am 2. November 2017 wurde von der Arcadia Estates ein Bauantrag für Wohnbebauung mit Tiefgarage gestellt (91 Wohneinheiten und Tiefgaragenplätze). Um ihrem Renditeversprechen gerecht zu werden, kündigt der Eigentümer an, dass “umfassend saniert und modernisiert” werden soll. Da wird schnell mal mit fristloser Kündigung gedroht oder Druck gemacht und gegen eine lächerlich geringe Abfindung zum Auszug überredet.
Im August 2018 hat die Arcadia Estates ihre Pläne geändert, den verbliebenen Bewohner*innen gekündigt und statt der Luxussanierung den Abriss angekündigt.
Dieses Jahr hat sich die Bezirksverordnetenversammlung aufgrund des Drucks der renitenten Mieter*innen mit den Bewohner*innen der Habersaathstraße solidarisiert.
“Die BVV Mitte unterstützt die Forderungen der IG Habersaathstraße, die Kaufverträge und die darin enthaltenen Schutzklauseln für Mieterinnen und Mieter offen zu legen und die Rekommunalisierung durch das Land Berlin anzustreben.
Der Erhalt des Wohngebäudes muss einhergehen mit der schnellstmöglichen Beendigung des dortigen Wohnungsleerstandes und der Vermietung der Wohnungen.” (zitiert aus dem Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung vom 18.06.2020)
Weitere Artikel zu den Protesten gegen die Entmietung des Hauses:
taz / Jonas Wahmkow / 29.03.2021
Die Ökologie des Bauens
Eine Frage der Substanz
MieterEcho 415 / März 2021
Schutz vor der Abrissbirne
MieterMagazin / März 2021
Habersaathstraße 40-48
Konzentrierter Protest erzwingt den Gang vor Gericht
Berliner-Zeitung / Ulrich Paul / 11.02.2021
Auf dem Berliner Immobilienmarkt läuft skandalös viel falsch
Der Wahlberliner / 10.02.2021
Schutz für die Habersaathstraße 40-48 oder nicht? Geht das Hin und Her weiter?
Berliner Zeitung / Ulrich Paul / 10.02.2021
Die letzten sieben Bewohner kämpfen um ihr Haus in Mitte
Pressemitteilung Nr. 042/2021 Bezirksamt Mitte / 09.02.2021
Schutz für die Mieterinnen und Mieter der Habersaathstraße
Berliner Woche / Ulrike Kiefert / 4.02.2021
Stadträtin kündigt in der BVV Ablehnung des Vergleichs an
MieterEcho Online / 29.01.2021
Bezirksamt und BVV Mitte wollen Abriss in der Habersaathstraße verhindern
MieterEcho 409 / Mai 2020
Hängepartie um einen Plattenbauriegel: Bezirksamt Mitte strebt Rekommunalisierung in der Habersaathstraße an
Entschließung der BVV am 18.06.2020
Habersaathstraße 40-48 Günstigen Wohnraum erhalten- Rekommunalisierung prüfen
Berliner-Mieterverein / MieterMagazin 08.20
Habersaathstraße 40-48: Kampf um die Papageienplatte
Die bezugsfertigen Wohnungen
Die leerstehende Wohnungnen in der Habersaathstraße sind zum größten Teil möbliert und zum Einzug bereit. Eine nutzung des Leerstandes wäre ohne weiteres sofort möglich.
Der Eigentümer
Der Eigentümer Arcadia Estates GmbH Habersaathstraße 40-48 KG hat 2017 den Häuserkomplex gekauft und ist Teil eines weiten Netzwerkes aus mehreren Firmenausgründungen. Mit dem benanten Obiekt hat die Arcadia Estates bisher den Plan des Abriss und Luxusneubau mit Hotel verfolgt. Durch die Proteste der verbliebenen Mieter*innen ist dies nicht mehr möglich.